Stephan Thaddey
Was eine Reise in die Wüste mit den Menschen macht
Gerade komme ich zurück aus der Sahara. Es war eine Reise zu mir selbst, brachte eine Schärfung der Sinne, und viel Klärung. Was passiert mit Menschen, die sich aufmachen zu ihrem wahren selbst?

Über die letzten Jahre war Reisen nur sehr eingeschränkt möglich. Dennoch hatte ich über all die Zeit eine Reise in die Sahara als "Sabbatical" ausgeschrieben. Es fanden sich 5 Personen, welche sich auf machten, um mit einfachsten Mitteln in die Sahara zu reisen.
Im Februar 2023 war es dann soweit und wir machten uns auf in die algerische Zentralsahara. Das Ziel der Reise war, 10 Tage in der Wüste zu leben, ohne Zelt, immer in der Natur, nur mit dem Schlafsack ausgerüstet. Dabei spielt das Gehen eine zentrale Rolle. In einer Karawane mit Dromedaren wanderte die Gruppe jeden Tag einige Kilometer. Dabei wurden wir geführt von Berbern, welche in der Sahara leben. Es war eine Reise jenseits von Kommerz und Touristen-Annehmlichkeiten. Es war eine Reise in die Einfachheit, in das Pure, das Natürliche und damit auch eine Reise zu mir selbst.
Im Vorfeld trafen wir uns mehrmals in der Schweiz und lernten uns kennen. Die Gruppe bestand aus Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlicher Herkunft. Viele Fragen standen im Raum, auch viele Ängste. Wir sind es nicht mehr gewohnt, 24 Stunden draussen zu sein, uns den Kräften der Natur auszusetzen. Viele Gespräche halfen zur Klärung der Fragen, so dass sich alle mit guten Gefühlen auf diese Reise machten.
Spannend war auch zu sehen, wie das Umfeld reagierte. "Gäll du chunsch de glich wider hei wie d'gange bisch." Ähm, nein... eine solche Reise ist eine Art Booster für Klarheit im Leben. Wir alle haben uns sehr verändert in der kurzen gemeinsamen Zeit. Es hat uns zusammengeschweisst, neue Werte wurden etabliert, das Weltbild veränderte sich.
Und so starteten wir in sehr strukturierte Tage. Das Hirn wurde dabei komplett entlastet, weil ich keine Entscheidungen mehr fällen musste. Der Tagesablauf war klar: Aufstehen, Frühstücken, den Dromedaren nachlaufen, Mittagspause, den Dromedaren nachlaufen, Nachtessen, Schlafen. Keine Entscheide fällen zu müssen bedeutet, dass das Hirn beginnt, sich zu beruhigen. Eine Beruhigung bewirkt, dass Gefühle wieder einen Platz im Menschen bekommen. Der Mensch beginnt sich mit sich selbst zu befassen. Es gab ja auch keine Ablenkung mehr im Aussen. Keine Mobilfunkmasten, keine Kommunikation nach aussen. Wie früher halt. Es erinnerte mich an meine sehr schöne Kindheit.
